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News - Interview Tarek - Wings for Life

Verfasst am 10.06.2022

Interview mit Tarek Rasouli

Tarek ist nicht nur ein langjähriger Freund SQlabs, sondern auch ein großer Unterstützer der "Wings for Life"- Stiftung. Als ehemaliger BMX- & Mountainbike Profi ist er seit einem schweren Unfall im Jahr 2002 selbst querschnittsgelähmt. Mittlerweile führt er ein erfolgreiches Unternehmen rund um Talentförderung & Athletenmanagement und hat einige der heute sehr beliebten Youtube-Stars wie Fabio Wibmer entdeckt und sie auf dem Weg zu ihren Erfolgen mit seinem Management unterstützt. In folgendem Interview erzählt uns Tarek, wie der Unfall sein Leben verändert hat und was "Wings for Life" für ihn selbst als Betroffenen bedeutet. Mit dem SQlab 611 Ergowave® ltd. Wings for Life unterstützt SQlab die Stiftung mit einer Spende von 10 Euro pro verkauften Sattel.



Hallo Tarek, danke dass Du Dir Zeit für ein kurzes Interview nimmst. Kannst Du Dich kurz vorstellen?

Hallo zusammen, ich heiße Tarek Rasouli, mittlerweile 47 Jahre alt und komme aus München. Im Kindesalter ging es für mich mit dem BMX Sport los und hatte für ca. 15 Jahre eine recht erfolgreiche Zeit auf dem 20 Zoll Bike bevor ich dann komplett aufs Mountainbike umgestiegen bin. Ich wurde zum Freerider der ersten Stunde und war sehr viel auf Events, Foto Shoots und Filmdrehs unterwegs. Dann änderte ein schwerer Unfall im Juli 2002 mein Leben von einem Tag auf den anderen und ich musste mich im Rollstuhl wiederfinden und mein Leben neu ausrichten. Doch kehrte ich dem Bike Sport nicht den Rücken, sondern verspürte Support und nach wie vor das Verlangen, Teil der Bike Welt zu bleiben. Ich begann zuerst beim Bike Magazin als freier Redakteur und kurz danach fing ich an Events zu organisieren. Seit 2005 habe ich meine eigene Sportmarketing und Kommunikations Agentur RASOULUTION. Wir beraten Marken, managen Sportler, kümmern uns um PR unserer Kunden und organisieren nach wie vor auch Events, wie z.B. in diesem Jahr den Red Bull District Ride wie auch den Eurobike Skyline Ride.


Ein schwerer Sturz hat dein Leben grundlegend verändert – Kannst Du uns kurz erzählen, was passiert ist?


Bei einem Training für einen Filmdreh in Kanada hatte ich mich bei einem Sprung verschätzt und musste in ca. 6 Metern Höhe vom Rad absteigen. Ich landete mit den Beinen auf dem Boden und brach mir nicht nur die rechte Ferse, sondern die Wirbelsäule und damit folgte eine Querschnittslähmung ab der Hüfte.

Ab welchem Wirbel besteht bei Dir die Lähmung und was bedeutet das für Deinen Alltag?

Meine Querschnittslähmung beginnt ab dem 1.Lenderwirbel, also ab der Höhe wo auch die Wirbelfraktur war. Für meinen Alltag hatte das damals enorme Änderungen, an die ich mich natürlich gewöhnt habe, dennoch muss ich damit jeden Tag leben, das Leben in einem Rollstuhl und damit verbunden immer wieder Barrieren im Alltag: Treppenstufen bin ich früher gerne in einem Satz 4-6 Stufen hoch gesprungen, zu Fuß oder auch mit dem Bike), heute komme ich alleine weder rauf noch runter und brauche dabei Hilfe. Auch eine einzelne Stufe hoch kann ich alleine kaum überwinden (je nach Höhe). 

Was hat der Unfall für Dich und Dein Leben verändert?

Generell natürlich erstmal viel, auch wenn ich einiges so angepasst habe, dass es sich wie früher anfühlt. Die größte Veränderung: nicht mehr Mountainbike zu fahren oder auch keine Dirt Jumps mehr springen zu können. Ich wollte das gerne noch im Alter von 50 oder so auch noch machen, das hatte ich mir früher immer vorgenommen. Heute bzw. schon seit einigen Jahren fahr ich dafür Handbike und es gibt mir sehr viel, auch wenn es nicht das gleiche ist, denn in den Berge komme ich mit dem Handbike weniger… Im Allgemeinen dauert alles etwas länger, egal ob Duschen, der Toilettengang, ins Auto einsteigen (aber immerhin kann ich noch Autofahren), früher wollte ich immer dünnere Beine, naja so wörtlich hätte ich es auch nicht nehmen müssen… was sich natürlich stark verändert hat, das empfinde ich jedoch als positiv: ich wurde vom Profisportler zum Profi in Sachen Events, PR und Athleten Management, sprich ich fing an „normal“ zu arbeiten, anstelle „nur“ auf dem Bike unterwegs zu sein. Das war neben meinen körperlichen Herausforderungen sicherlich die größte Veränderung, doch auch irgendwie zum Positiven.

Du bist dem Sport treu geblieben und hast mittlerweile eine bekannte Sportleragentur. Der Weg dorthin war sicher nicht einfach, wie hast Du ihn dennoch geschafft? Ich muss erstmal sagen, dass unserer Agentur Rasoulution nicht „nur“ eine Sportleragentur ist, sondern dass wir seit beginn an Events, PR und Athleten gemanaged haben. Mittlerweile beraten wir viele Marken und unser Portfolio ist weitaus breiter als „nur“ Sportlervermarktung. Wie hatte ich es geschafft?

Für mich hatte sich trotz meines Unfalls etwas klar herauskristallisiert: egal was mir passiert ist, ich war vom Mountainbikesport und den Leuten im Sport nach wie vor enorm begeistert. Es war damals und ist heute eine sehr sehr große Leidenschaft. Ich hatte ein klares Ziel: ich wollte den Sport rund um das Mountainbike, also egal ob Events oder auch Sportler wesentlich breiter in die Medienwelt bringen, sodass dem Sport und den Athleten einiges mehr an Aufmerksamkeit und Anerkennung geschenkt wird als es früher der Fall war. Ich denke das ist mir bzw. Rasoulution und dem Team schon in Teilen gelungen: wir haben den Red Bull District Ride ins Leben gerufen und in die Welt hinaus getragen, der Event zieht nicht nur Biker an, sondern findet auch im Mainstream klaren Anklang. Wir haben Danny MacAskill gefunden und betreuen ihn seit 13 Jahren und mit ihm entstand eine neue Ausrichtung für einige Sportler (Vermarktung über YouTube und anderen sozialen Medien) und sie kamen dadurch auch dem Mainstream wesentlich näher. So entstand auch Fabio Wibmer, der vom jugendlichen Hardcore Fan zum erwachsenen Mainstream YouTube Hero wurde.

Wings for Life hat die Mission Querschnittslähmung heilbar zu machen – es entstehen immer mehr Chancen und Möglichkeiten das Leben mit einer Querschnittslähmung zu verbessern. Du selbst bist auch immer wieder ein Teil von Wings for Life. Kannst Du uns erzählen was Wings for Life für Dich als Betroffener bedeutet und auch welche Erfahrungen du mit Wings for Life bisher machen durftest?

Wings for Life gibt mir persönlich und sicherlich einigen anderen Hoffnung. Hoffnung auf Veränderung, Verbesserung, Heilung. Natürlich hofft man, selbst wenn man schon 20 Jahre im Rollstuhl sitzt, dass es eines Tages eine Heilung gibt für einen selbst oder auch für andere, die jedes Jahr verunglücken (oftmals übrigens im Alltag und eher selten bei Sportunfällen). Wings for Life gibt enorm viel Energie rein, um auf das Thema Querschnittslähmung mehr Aufmerksamkeit zu lenken und um somit mehr Spendengelder für Forschungsprojekte, die der Heilung von Rückenmarksverletzungen dienen, zu bekommen. Ich selbst habe immer mal wieder an Projekten teilgenommen oder auch schon selbst umgesetzt, um Spenden und auch Awareness zu generieren. Natürlich ist der gerade der Wings for Life World Run ein Herzensprojekt, das ich enorm stark finde und bei dem weit über 100.000 Menschen jedes Jahr teilnehmen um für die zu laufen, die es nicht können. Das finde ich stark und schätze ich enorm! Noch dazu macht der Event enorm Spaß, wenn man selbst dran teilnimmt, egal ob per App oder beim Flagship Run, den es auch (endlich) wieder dieses Jahr in einigen Städten der Welt, u.a. in München gab.

Konntest Du von der Wings for Life Forschung bereits profitieren?

Bisher noch nicht direkt. Wobei das nicht ganz stimmt. Natürlich erweitert sich das Netzwerk auch durch die Stiftung und man lernt wesentlich mehr über bestehende Projekte und befasst sich mit dem Thema Heilung einer Querschnittslähmung wesentlich mehr, somit profitiere ich schon alleine damit, dass es mir die Hoffnung gibt und den Glauben, dass es eine Heilung eines Tages geben kann. Außerdem habe ich durch Hannes Kinigadner, der genauso wie ich Botschafter der Stiftung ist, das erste Mal mit einem Exoskelett laufen dürfen. Das hatte mir gleich so Spaß gemacht und sich so gut angefühlt, dass ich mich mit Ekso Bionics vernetzt habe und seit über 1,5 Jahren nun regelmässig in der Therapie mit dem Exoskelett laufe.

Egal ob im Sport oder bei einem unglücklichen Unfall – Querschnittslähmung kann jeden von uns treffen, viele haben aber wenig Bezug zu diesem Thema. Was müsste sich in unserer Gesellschaft verändern, damit dieses Thema präsenter wird? Denn je präsenter ein Thema, desto mehr Geld für Forschung.

Es müssten sicherlich Querschnittsgelähmte besser integriert werden, egal ob im Alltag, in der Arbeitswelt oder auch im Sport. Es wird in Ansätzen schon getan, jedoch immer noch viel zu wenig. Ich weiß, dass z.B. die Barrierefreiheit eines der geäußerten Ziele unserer Regierung in Bayern war, jedoch ist die Umsetzung noch lange nicht geschehen. Ich meine wir sind da noch weit von entfernt. Leider, in USA ist das schon ganz anders. Viele sind im Rollstuhl und verlassen so gut wie nie ihr zu Hause oder eine Pflegeeinrichtung, hier muss einfach wesentlich mehr Aufklärung stattfinden und es sollte wesentlich mehr Angebote für Rollstuhlfahrer geben um sich in der Gesellschaft zu integrieren. Natürlich weiß aber auch die Allgemeinheit viel zu wenig, was eine Querschnittslähmung wirklich bedeutet. Also nicht nur was es bedeutet nicht zu laufen, sondern alles drum rum… Wings for Life macht hierfür schon Öffentlichkeitsarbeit, aber es kann immer mehr getan werden, speziell in den Städten und Gemeinden sollte wesentlich mehr gemacht werden, aber auch die Medien könnten das es noch stärker thematisieren.

Danke Tarek für das interessante Interview und den privaten Einblick.

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